Wenn aufhören, dann mit einem Knall!

11Jul11

Nach meiner Aufgabe beim diesjährigen Thürungenultra kommt es vielleicht nicht überraschend: Ich spiele mit dem Gedanken, die Ultra-Laufschuhe endgültig an den Nagel zu hängen. Und die Anzeichen dafür, dass es tatsächlich geschehen wird, verdichten sich.

Über’s Laufen denkt man am Besten beim Laufen nach. Und da ich sowieso noch ein bisschen trainieren musste, nutzte ich dafür zwei halbwegs lange Läufe am vergangenen Wochenende. Dabei ging mir durch den Kopf, wie schön es ist, so fit zu sein (und auszusehen!) wie ich es jetzt bin. Wenn nichts mehr geht, sich dazu bringen zu können, dass dann doch noch was geht. Und Strecke unter einem endlosen Himmel zurückzulegen, während sich die Wolken in meinem Blickfeld so wunderschön bedächtig umformieren.

Ja, es gibt tausend Tricks, beim Ultralaufen „dranzubleiben“. Aber es gibt da auch dieses eine Problem, dass man das alles schon Dutzende, vielleichte Hunderte Male gemacht hat. Und am Ende, wenn ich mich aus den Federn gequält, vom Frühstückstisch oder anderen interessanten Aktivitäten und lieben Menschen losgerissen hatte, am Ende bleibt immer öfter nur dies: Leere, Sinnlosigkeit, Ernüchterung über das Laufen. Es verspricht so viel, doch der Preis ist ebenfalls hoch.

Auch aus meinen „Abnutzungserscheinungen“ will ich keinen Hehl machen. Es gibt Wochen, da kann ich keinen Meter normal gehen, ohne dass die Schmerzen in den Knien unerträglich werden. Von Treppen und dem Lauftraining (die ich natürlich trotzdem absolviere), gar nicht zu sprechen. Dann wünsche ich mir, das alles gäbe es nicht, und ich hätte das Glück gehabt, mit einem völlig intakten Körper in meine Laufkarriere zu starten.

Nun ja, ich habe es also alles nochmal durchgespielt am Samstag, in der schwülen Hitze unter Braunschweigs leicht bewölktem Himmel. Und bin zu dem Ergebnis gekommen, „Jetzt sofort aufhören, das wäre aufgeben“. Und außerdem ist es schön, noch einmal diese ganzen Gedankenspiele zu machen: Welchen Bruchteil der Strecke habe ich schon? Wieviel muss ich noch bis zu einem bestimmten markanten Punkt? Welcher Gedanke beflügelt mich, wenn ich am Berg oder auf unwegsamer Strecke Gas geben will? Und dann das schöne Gefühl, seinem Körper bei einem guten Mahl das zurück zu geben, was er einem in den Stunden zuvor geschenkt hat.

Also trainiere ich noch ein bisschen weiter. Hoffe, dass 100 Meilen Herausforderung und Ansporn zugleich sein werden. Und dass ich eben nicht sang- und klanglos aufhöre, vor allem nicht in meinen eigenen Augen. Sondern noch einmal laufe, so wie in „alten Zeiten“. Schlusspunkt mit Knall!



8 Responses to “Wenn aufhören, dann mit einem Knall!”

  1. Ein paar Zweifel sind schon übrig geblieben – gut so. Auf der anderen Seite, wenn du dich mit den Folgen dieser Läufe bereits jetzt plagen musst und die Beschwerden mit Sicherheit bei Fortsetzung nicht besser werden, dann bleibt der Schluss, dass Ultralauf für dich vielleicht doch nicht das richtige ist.

    Auch deine Überlegungen hinsichtlich des Sinnes stellen sich für mich z.B. nicht, ich tue es, weil es mir Spaß macht, weil ich nicht – wie du – körperliche Probleme mit mir herum tragen muss.

    Vielleicht aber auch sind die Ansprüche, die du an dich stellst zu hoch, zu ehrgeizig, aber das kann ich nicht beurteilen, dazu kenne ich dich zu wenig.

    Wenn ich an deinen phänomenalen 100 km Lauf denke, glaube ich schon, dass du mit einem ordentlichem Paket Ehrgeiz unterwegs bist und nicht unter ferner liefen irgendwo, irgendwann im Ziel einlaufen möchtest.

    Andererseits könnte es ebenfalls sein, dass du beim nächsten, für dich gut gelungenen Ultralauf wieder ganz anderer Meinung sein wirst.

    Keine Ahnung, was immer du tust, pass auf dich auf, tu es mit Freude ! 8)

    • 2 Christiane

      Liebe Margitta,
      ich habe die „Befürchtung“, dass es sich hier nicht um ein vorübergehendes Motivationstief handelt, Thüringen war Symptom, nicht Auslöser eines sich schon länger anbahnenden Überdrusses am Ultralauf. Im Übrigen sehe ich bei mir manchmal ein „umgekehrt verkehrtes“ Verhältnis von Ehrgeiz und Talent: Wenn man bei der „Premiere“ schon das erreicht, was in Laien-Laufratgebern als fernes Endziel einer sportlichen Entwicklung angegeben ist, worauf soll man dann noch zusteuern?
      Das heißt nicht („arrogant“), dass es niemanden mehr gibt, mit dem ich mich messen könnte. Aber es gibt keinen Weg mehr, dies mit vertretbarem Aufwand (eben: mangelnder Ehrgeiz meinerseits) zu tun. Und dann ist irgendwann die Luft raus. Habe erreicht, was ich erreichen konnte. Bin an eine Grenze gelangt. Was soll’s, gibt ja noch andere Dinge, mit denen man sein Leben mit Leben füllen kann.

  2. 3 Thestral

    Liebe Christiane, das liest sich alles sehr düster.

    Verständlich, daß dich nach deinem Ausstieg beim Thüringen-Ultra solche Gedanken beschäftigen. Doch solch ein Ausstieg ist kein Grund, ganz aus dem Laufen auszusteigen.

    Deine Entscheidung zum „Schlußpunkt mit Knall“ ist sicher eine Möglichkeit. Damit verbunden ist wieder ein Zwang zum Training. Damit verbunden Druck. Wenn du das suchst, wenn du das brauchst, ist es o.k.

    Die andere Alternative wäre, Druck herauszunehmen. Laufen ohne konkretes Ziel, einfach für dich, einfach nur solange du Lust hast. Wäre das kein Weg für dich? Es wäre schade, wenn du die Laufschuhe endgültig an den Nagel hängen würdest.

    Ich wünsche dir, daß du die richtige Lösung findest!

    • 4 Christiane

      Lieber Thestral,

      „düster“, das wäre, wenn mein ganzes Leben aus Ultralaufen bestünde und ich nun keine Perspektive zu irgendwas mehr sähe. Das ist es aber ganz bestimmt nicht.
      Im Gegenteil erscheinen mir viele andere „Optionen“ derzeit (und schon seit längerem) reizvoller. Die Laufschuhe komplett an den Nagel hängen werde ich aber wohl trotzdem nicht. Allerdings fällt es mir offenbar (der Erfahrung nach!) schwer, zu laufen, ohne dabei ein Ziel zu haben. Und „fit bleiben“ gilt dabei nicht bzw. wäre ja genau das, was mich als „hochgetunte“ Bergultra- und 100-Meilen-Aspirantin genau in denselben Teufelskreis wieder reinziehen würde.
      Nun ja, erstmal das „große Finale“ – und dann mal seh’n 😉

  3. 5 Evchen

    Iron Man? Ich verstehe Dich und Deine Gedanken und sehe darin keine Arroganz, sondern eine realistische Einschätzung Deiner Fähigkeiten. Fassen wir doch mal zusammen: Das Laufen mit schneller, weiter, höher ist gerade ausgelutscht für Dich. Sportlich wirst Du immer sein und bleiben, also muß doch nur etwas Neues her, an dem Du Dir die Zähne ausbeißen kannst. Also: Iron Man? 😉 Ich meine das gar nicht so scherzhaft und nur leicht überspitzt.

  4. 6 Gerd

    Nun muss ich wohl doch meine Hoffnung begraben mal gemeinsam mit Dir zu Laufen. Auch wenn ich nie auch nur annähernd in deine Leistungsbereiche vorstoßen werde.
    Schade!
    Aber ich denke Du wirst für Dich die richtige Entscheidung treffen. Ich wünsche es Dir auf jeden Fall.

    Und vielleicht kommt ja irgendwann doch noch mal eine klitzkleine Möglichkeit dass ich Dir im Weg herumstehe! 😉

  5. 7 Christiane

    @Evchen:
    Du darfst mich zitieren: Diesem teuflischen Reiz habe ich glücklicherweise schon vor 2 Jahren abgeschworen, als es im Bekanntenkreis um das immer „kickigere“ Ausdauererlebnis ging. Glaube auch nicht, dass es eine Lösung ist, Qual Nr. 1 durch Qualen Nr. 1, 2 und 3 in Kombination zu ersetzen. Desweiteren:

    @Gerd:
    Wer sagt denn, dass ich NIE WIEDER EINEN SCHRITT laufen werde? Ich denke, ein paar Kilometer unter Freunden werden bei geeigneter Veranstaltungsauswahl („Dorf“-24-Std.Lauf o.ä.) schon drin sein. Und vielleicht gehe ich ja auch wieder auf die kürzeren Distanzen (also vom HM abwärts…) Nur Ultra, das kann ich mir irgendwie im Moment nicht weiter vorstellen 😦


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